Puntarenas: Durch den Nebelwald

Wir sind zurück in Costa Rica und haben diesmal in der Hafenstadt Puntarenas angelegt. Puntarenas heißt übersetzt Sandspitze und genau so wirkt diese schmale, sechs Kilometer lange Landzunge am Golf von Nicoya. Heute leben rund 40.000 Menschen hier und vieles erinnert daran, dass Puntarenas für lange Zeit das Tor Costa Ricas zur Welt war. Von hier verschiffte man erstmals Kaffee nach Europa und bis weit ins 20. Jahrhundert hinein war Puntarenas der wichtigste Pazifikhafen des Landes. Heute ist vieles davon leider verblasst. Die Häuser haben ihre besten Tage hinter sich und die Fischerboote liegen rostig und ungenutzt im Hafen. Das Leben hier ist sicher nicht leicht, Puntarenas gilt als die ärmste Provinz Costa Ricas mit einer signifikant hohen Arbeitslosigkeit und einer hohen Kriminalitätsrate.

Dennoch lockt die Gegend viele Touristen an. Nicht die Stydt selbst, sondern wegen dem, was dahinter liegt: Nebelwälder, Strände, Tiere und die schönen Nationalparks. Schon beim Verlassen des Piers versuchen dutzende lokaler Anbieter, uns für ihre Touren ins Umland zu gewinnen. Die Preise liegen weit unter den offiziellen Ausflügen von AIDA, aber mit unserer Spontanität in fremden Länder hadern wir noch. So müssen wir leider freundlich abwinken: “We already booked a tour, sorry.”

Bevor unsere Tour startet ist noch ist Zeit für einen kurzen Spaziergang über den „Bulevar“, eine Art autofreie Promenade am Strand. Hier gibt es einfache Restaurants, Souvenirstände und ein paar schattige Plätze. Es ist nicht einmal 9 Uhr und die Sonne knallt bereits erbarmungslos auf den Asphalt. Einige Restaurants bereiten sich auf die Gäste vor, Ware kommt an, Bananen und frischer Fisch wird geliefert. Ceviche ist hier ein beliebtes Alltagsgericht: roher Fisch in Limette, Zwiebeln und Koriander. Als Dessert wird hier gern der berühmte „Churchill“ beworben. Das ist ein geschabtes Eis mit Sirup und Kondensmilch. Lecker, vielleicht ja was für unsere Rückkehr heute am nachmittag.

Von der glühenden Hitze Puntarenas’ führt uns der Reisebus mitten hinein ins kühle Grün der Tilarán-Berge. Busfahrer Eduardo und unsere beiden Guides Pablo 1 und Pablo 2 begleiten uns. Je höher wir fahren, desto deutlicher nähern wir uns einer anderen Welt und nach 1,5 Stunden Fahrt erreichen wir den berühmten Cloud Forest Monteverde. Der beliebte Nebelwald liegt auf über 1.400 Metern und zählt zu den bedrohtesten Ökosystemen der Erde. Nur ein Prozent aller Wälder weltweit sind so beschaffen. Hier zeigt sich dem Besucher eine enorme Artenvielfalt: 2.500 Pflanzenarten, 400 Vogelarten, Hunderte Säugetiere, Reptilien, Insekten. Bereits seit den 1980er Jahren setzt man hier ganz bewusst auf sanften, nachhaltigen Tourismus gesetzt. Man erkämpfte einen strengen Naturschutz durch Reservate, baute umweltfreundliche Unterkünften und setzte auf sogenannte “Farm to table” Restaurants.

Wir sind in der Gruppe von Pablo 2 und dürfen mit ihm auf einem Naturtrail den Nebelwald besser kennenlernen. Pflanzen wachsen hier in Schichten übereinander, überall hängen Moose, Farne, Bromelien und Orchideen. Eigentlich ist Monteverde fast das ganze Jahr in dichte Wolken gehüllt. Heute aber empfängt uns ein klarer Himmel. Das nimmt dem Wald heute ein wenig seine Mystik, eröffnet aber weite Blicke in dieses Bilderbuch-Ökosystem. Auf den gewundenen Pfaden geht es tief in den Dschungel hinein. Ein bisschen fühlt man sich wie in einem Indiana-Jones-Film, vor allem, wenn die Hängebrücken plötzlich zwischen den Baumkronen auftauchen. Leider verstecken sich die Tiere des Nebelwaldes vor uns, aber es gibt auch so genug zu sehen. Pablo 2 zeigt uns zb ein besonderes Spinnennetz, das fast wie ein Nest gebaut ist sowie den kleinen Sammelplatz der Kolibris. Kolibris zu fotografieren ist ein Kapitel für sich. Mit ihrem beeindruckenden Schwirrflug, der mit bis zu 90 Flügelschlägen pro Sekunde eine liegende Acht beschreibt, können sie auf der Stelle fliegen. Pablo erzählt uns, dass viel diskutiert wird, ob es in Ordnung ist, die wilden Kolibris hier mit Zuckerwasser aus Plastikgefäßen zu füttern. Daher möchte man hier im Nebelwald die Tränken durch ganzjährig blühende Planzen ersetzen, damit Kolibris nur noch Blütennektar zu sich nehmen. Ein paar Bilder gelingen dann sogar, auch wenn die Kamera an ihre Kapzitätsgrenze kommt. Wie gerne hätten wir noch mehr Vögel gesehen, z.B. den legendären Quetzal. Mit seinen schillernden Farben, seinen bis zu 80 cm langen Schwanzfedern und seiner majestätischen Erscheinung ist er einer der schönsten Vögel der Welt und wurde bereits als Symbol von Freiheit und Spiritualität von den Azteken und Maya verehrt. Leider hat man erst zwischen Januar und Juli gute Chancen den Vogel zu entdecken.

Nach der Wanderung gibt es wieder ein typisches Mittagessen mit Blick über die grünen Baumkronen. Reis, Bohnen, Kochbananen, wir haben uns schon sehr an die mittelamerikanische Küche gewöhnt. Danach ein letzter kurzer Stopp im Jardín San Ramón mit seinem kleinen Schmetterlingsgarten und einem nicht minder beeindruckenden Souvenirshop. Auf dem Weg zurück zum Schiff setzt schließlich doch noch ein tropischer Regen ein. Er hüllt die Landschaft um uns zum Abschied doch noch in diese mystische Stimmung, die wir im Nebelwald heute etwas vermisst haben.

Bildnachweis: Photo des Quetzal (Göttervogel) von Ondrej Prosicky/Shutterstock

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