Cozumel: Im Reich der Maya

Um 4:30 wirft uns der Wecker aus dem Bett. Hola Cozumel. Bekannt wurde die Insel durch niemand geringeren als Jacques Cousteau, der in den 1960er Jahren vor Cozumel die Welt auf die fantstischen Riffe aufmerksam und die Insel fortan zum Tauchmekka machte. Wir verschieben das mit dem Tauchen noch etwas, denn hier wollen wir die Geschichte der Maya kennelernen. Für die Maya war Cozumel selbst ein heiliger Ort, eine Pilgerinsel zu Ehren der Fruchtbarkeitsgöttin Ixchel. Erst die Spanier setzten dem ein Ende. Ihre eingeschleppten Krankheiten rafften im 16. Jahrhundert fast die gesamte Bevölkerung dahin, und später diente die entvölkerte Insel sogar Piraten wie Henry Morgan als Versteck. Die Mayastätte, die wir heute besuchen, liegt jedoch in Tulum auf der Halbinsel Yucatàn im mexikanischen Bundesstaat Quintana Roo. Während sich das Herz der Maya-Zivilisation im heutigen Guatemala, Honduras und Südmexiko konzentrierte, spielte auch Quintana Roo in der Welt der Maya eine bedeutende Rolle. Die Region war strategisch wichtig, da sie einen Zugang zur Küste hatte, die den Handel erleichterte, und wegen ihrer fruchtbaren Böden, die die Landwirtschaft unterstützten. Die Maya in Quintana Roo entwickelten fortschrittliche Systeme des Schreibens, der Mathematik, der Astronomie und der Architektur. Sie bauten kunstvolle Städte mit hoch aufragenden Pyramiden, zeremoniellen Zentren und Observatorien, die sich an den Himmelsereignissen orientierten.

Unsere Reiseleiterin Rosalie und Busfahrer Miguel sammeln uns mit einem kleinen Reisebus an der Katamaran-Station in Playa del Carmen in der Fußgängerzone Quinta Avenida ein und trotz einer Straßensperrung, die uns fast 45 Minuten kostet, soll der Ausflug wie geplant ablaufen. Nach einer Stunde Fahrtzeit erreichen wir Tulum. Die Maya-Festung mit dem ursprünglichen Namen „Zama“ für Sonnenaufgang, war ein strategisch günstig gelegenes Wirtschaftszentrum der Mayas, um die Handelsrouten an der Küste zu kontrollieren. Dank der hohen und senkrecht abfallenden Klippen diente es den Mayas als natürliche Festung. Für die Archäologie ist die Stätte in Tulum zwar nicht die wichtigste, aber für den Besucher liegt sie besonders malerisch. Dementsprechend ist der Andrang hier groß. Zu Hochzeiten besuchen 8.000 Menschen täglich die große und weitläufige Anlage. Natürlich möchten alle ein besonderes Motiv festhalten: der Tempel über der Klippe, dahinter das türkisfarbene Meer. Zum Schutz der Natur musste der hier einst zugängliche Traumstrand mittlerweile gesperrt werden. Zwischendurch verrät uns Rosalie noch mehr über den beliebten Windgott-Tempel, die Rolle des Castellos als Leuchtturm und sakralen Ort. Überall liegen Leguane in der Sonne und lassen sich vor der fotografierenden Meute nicht im geringsten stören.

Viele der Nachkommen der alten Maya leben auch heute noch immer in Quintana Roo und versuchen ihre Sprache, ihre Rituale und ihre Lebensweise zu bewahren. Der Maya-Kalender, die traditionelle Kleidung und die lokale Küche sind das Erbe dieser alten Zivilisation. Besucher aus der ganzen Welt kommen, um die Ruinen zu erkunden, mehr über die Geschichte der Maya zu erfahren und die Kultur aus erster Hand zu erleben. Leider verändert sich durch den wachsenden Massentourismus auch die authentische Kultur der indigenen Gemeinschaft. Wo früher spirituelle Orte waren, entsteht an diesen Stätten zunehmend ein touristisches Klischeebild, das auf Souvenirs, Performances und konsumierbare Attraktionen setzt. Echte Traditionen sind daduch leider immer mehr in Gefahr.

Nach der flirrenden Hitze von Tulum wartet unser persönliches Highlight: die Cenote Nohoch Nah Chich. Diese unterirdischen Grotten liegen meist in unmittelbarer Nähe zu alten Maya-Städten. Für die Maya waren sie heilig, denn sie bildeten die einzigen Süßwasserquellen der gesamten Region. Ihre Entstehung reicht zurück bis zum Einschlag des Chicxulub-Meteoriten vor 66 Millionen Jahren. Der Einschlag schuf tiefe, verzweigte unterirdische Hohlräume, die sich mit Wasser füllten und so die Cenoten hervorbrachten. In einigen von ihnen fanden Archäologen Kupfer, Gold und sogar Textilien, Opfergaben, die die Maya ihren Göttern darbrachten. Auf der Halbinsel gibt es mehr als 7.000 Cenoten und Höhlen, rund 140 davon sind für Besucher zugänglich. Und jetzt steht uns dieses einzigartige Erlebnis bevor. Mit Schwimmwesten ausgestattet gleiten wir eine Stunde lang durch dieses sagenhafte Naturreich.

Der Start ist für mich allerdings ein kleiner Schock: Meine Actionkamera hat sich komplett entladen. Akku leer, kein einziges Foto möglich. Den Frust schlucke ich hinunter, denn ich will diese Erfahrung nicht durch technischen Ärger trüben lassen. Das Schwimmen durch das weit verzweigte Höhlensystem, vorbei an filigranen Stalagmiten und Stalaktiten, wirkt absolut magisch. Dank unseres lokalen Guides wird es auch interessant. Er erzählt von der Entstehung der Höhlen, zeigt uns Fossilien in den Felswänden und berichtet von besonderen Fundstücken, wie einem Skelett von Naia, einem 16 jährigen Teenager die vor 16.000 Jahren hier zu Tode kam. Wir teilen uns die Cenote an diesem Tag nur mit ein paar wenigen Besuchern und einigen Fledermäusen, die an der Decke hängen und ab und zu über unseren Köpfen schwirren. Zu meinem Glück werden sogar ein paar Videos und Fotos gemacht. Glücklich und ganz beseelt von dieser Erfahrung wartet anschließend ein traditionelles mexikanisches Buffet: Tortillas, Reis, Bohnen, etwas Hühnchen, ein Spritzer frische Limette…was braucht man mehr. Für uns bleibt dieser Ausflug bisher der absolut schönste.

Danach fahren wir zurück nach Playa del Carmen. Trotz unserer Verspätung wartete der Katameran auf uns, um uns wieder zurück nach Cozumel zu bringen. Am Hafen bummeln wir noch ein wenig durch die Souvenir-Läden, gönnen uns einen besonders mächtigen Milchshake mit Schokolade-Minz-Kuchen und bewundern die exotische Flora und Fauna, die es auch am Hafen gibt. Wirklich ein toller Auftakt für uns in Mexiko.

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